Gruft der ehemaligen KuK Hofpfarrkirche zu St. Michael

Noch im vergangenen Jahrhundert herrschte die Überzeugung, dass die Michaelergruft dem 13. Jahrhundert angehöre. Die Forschungen nach dem Zweiten Weltkrieg haben jedoch ergeben, dass der Ausbau der Gruft mit ihren beiden tonnengewölbten Hallen des Mittel- und Querschiffs sowie den Verbindungsgängen hauptsächlich im 17. Jahrhundert erfolgte. Die Michaelerkirche selbst kann jedoch auf eine jahrhundertelange Geschichte als Begräbnisstätte zurückblicken. Der älteste Grabstein trägt die Jahreszahl 1341. Der Küchenmeister Herzog Albrecht II., Stiborius Chrezzelt, stiftete in der von ihm erbauten Niklaskapelle ein Erbbegräbnis für sich und seine Familie. Die dafür im Jahr 1350 ausgestellte Urkunde ist der erste schriftliche Beleg für ein Familienbegräbnis. Im Jahr 1452 gewährte Papst Nikolaus V. einen Ablass zur Erhaltung der Andreaskapelle, in der die Vorfahren des Johann Ritter von Ruckendorf ihre letzte Ruhestätte gefunden hatten.

Im Zuge von Kabellegungsarbeiten wurden Knochen von Menschen entdeckt, die bis zu 600 Jahre alt waren. Bei der Innenrestaurierung der Michaelerkirche in den Jahren 1972 bis 1974 wurden zahlreiche Grabplatten unter den Kirchenbänken gefunden, die noch einer genaueren Auswertung bedürfen. Die Bestattungen erfolgten jedoch im Allgemeinen in Erdgräbern und nicht in einer Gruft. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, als die Michaelerkirche noch von einem Mitglied des Wiener Stadtrats, dem Kirchmeister, verwaltet wurde, entstanden die ersten Adelsgrüfte, die bis in die heutige Zeit erhalten geblieben sind. Lediglich die Herbersteingruft bildet hierbei eine Ausnahme. Es ist umso bemerkenswerter, da diese Gruft – beginnend mit der Beisetzung von Wilhelm Freiherr zu Herberstein am 24. Juni 1560 – bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts Mitglieder dieses Geschlechts aufnahm, darunter den berühmten Staatsmann und Russlandreisenden Sigmund Freiherr zu Herberstein.

Als im Jahr 1626 die Pfarre St. Michael dem Wiener Stadtrat entzogen und den aus Italien kommenden Barnabiten übergeben wurde, erfolgte aufgrund der Aufhebung des Friedhofs der Pfarre im Jahr 1508 durch Kaiser Maximilian I. aufgrund der Nähe zur Hofburg allmählich der Ausbau eigener Gruftanlagen. Zunächst entstanden im Zusammenhang mit der barocken Umgestaltung der Seitenkapellen Grüfte für die Gönner des Ordens. Ab dem Jahr 1631 wurden die Totenprotokolle der Pfarre St. Michael geführt. Da von 1631 bis 1634 etwa 95 Bestattungen innerhalb der Kirche stattfanden, kann angenommen werden, dass bereits zu dieser Zeit mit dem Ausbau eigener Gruftanlagen begonnen wurde. So entstand im Jahr 1640 die Taufstubengruft. Als im Jahr 1670 die Tumba von Johann Freiherrn von Trautson aus dem Mittelteil des Hauptchores entfernt werden konnte, errichteten die Barnabiten nicht nur eine eigene Gruft unter dem Hochaltar für ihre Geistlichen, sondern bauten auf eigene Kosten sämtliche Pfarrgrüfte in der ganzen Kirche.

Zu dieser Zeit galten neben der Taufstubengruft als Pfarrgrüfte die Herrengruft für den Adel im mittleren und rechten Teil des Querschiffs, die große Gruft im Mittelschiff und die Engel- oder Kindergruft in der Mitte des rechten Seitenschiffs. Der Ausbau der Grüfte war mit der Neupflasterung des Kirchenbodens im Jahr 1678 im Wesentlichen abgeschlossen. Im Jahr 1731 wird erstmals in den Totenprotokollen die Maria-Candia-Gruft erwähnt, benannt nach dem Altar gleichen Namens, an dessen Stelle sich heute der Juliusaltar befindet. Unter diesem Altar befindet sich der Eingang zur Maria-Candia-Gruft unterhalb der Sakristei. Nach einer Planskizze im Archiv des Michaeler Kollegs wurde um diese Zeit die Gruft im Mittelschiff etwas nach Westen erweitert. Mit einem Hofdekret vom 11. Dezember 1783 wurde die Gruft geschlossen, jedoch fanden noch im Jahr 1784 weitere Bestattungen statt.

Originaltext (c) P. Waldemar Posch SDS, 1988

Michaelerkirche
Michaelerplatz 5
1010 Wien

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