MADAME TUSSAUDS-WIEN

Zwei Jahrhunderte, ein Material – und die ungebrochene Sehnsucht nach Unsterblichkeit. Seit Marie Tussaud im Jahr 1802 ihre ersten Wachsfiguren in London ausstellte, hat sich ihre Kunst zu einem globalen Phänomen entwickelt. Was einst in bescheidenen Salons begann, füllt heute große Hallen in Metropolen rund um den Globus: London, Amsterdam, Berlin, Wien, Shanghai, New York – 25 Städte tragen bis heute den Namen jener Frau, die mit geschmolzenem Wachs Geschichte formte.

Die Wiener Dependance, 2011 von Bundespräsident Heinz Fischer eröffnet, war die elfte weltweit – und sie ist ein Spiegelbild der Stadt: ein Treffpunkt von Weltgeschichte und Wiener Eigenart. Hier begegnen sich Kaiserin Elisabeth und Wolfgang Amadeus Mozart, Bruno Kreisky, Franz Klammer und Dominic Thiem – in Wachs verewigt, doch so lebendig, als hielten sie nur den Atem an.

Von der Revolution zur Perfektion
Marie Tussaud, geborene Grosholtz, lernte ihr Handwerk als Siebzehnjährige bei Dr. Philippe Curtius in Bern – ein Arzt, der Organe und menschliche Züge aus Wachs formte, um das Leben zu studieren. Doch Marie erhob das Handwerk zur Kunst. Schon früh porträtierte sie Größen wie Voltaire und Rousseau; später, in den Wirren der Französischen Revolution, wurde sie gezwungen, Totenmasken von Ludwig XVI., Marie Antoinette, Robespierre und Danton zu modellieren. Aus Schrecken wurde Geschichte – und aus Geschichte Kunst.

Nach dem Tod ihres Mentors erbte sie dessen Sammlung und zog nach England, wo sie 1802 erstmals ausstellte. Die Londoner standen Schlange, um die berühmten Gesichter zu sehen – und vielleicht auch, um dem Tod, der in den Figuren wohnte, für einen Moment ins Auge zu blicken. Ihr Sohn eröffnete 1835 ein festes Haus an der Baker Street; ihr Enkel gründete 1884 das legendäre Wachsfigurenkabinett in der Marylebone Road. Brände, Kriege und Zeitläufe konnten ihm nichts anhaben – 352 Köpfe wurden 1940 zerstört, doch das Wachs floss weiter, die Formen entstanden neu.

Das Handwerk der Ewigkeit
Wer glaubt, die Kunst des Wachsbildens sei eine romantische Reminiszenz, irrt. Noch heute folgt jedes Werk den Regeln der Gründerin: Rund fünf Kilogramm Bienenwachs werden auf 75 Grad Celsius erhitzt, bevor sie in die Gipsform gegossen werden. 120 Kilogramm Ton dienen der Modellierung, jedes Haar wird einzeln mit der Nadel eingesetzt – 140 Stunden dauert allein dieser Akt stiller Hingabe. Ein Zahntechniker fertigt das Gebiss eines Prominenten in 28 Stunden nach, und die perfekte Augenfarbe entsteht aus einem Dutzend feinster Nuancen.

Rund 200 Stunden Arbeit und etwa 200.000 Euro fließen in eine Figur – eine Investition in das Staunen, das zwischen Kunst und Illusion schwebt. 17 Millionen Blüten braucht es, um jenen Honig zu gewinnen, aus dem 500 Gramm Bienenwachs entstehen – jenes Material, das beständig, erneuerbar und zugleich vergänglich ist. Vielleicht liegt genau darin die Poesie dieser Kunst: Sie konserviert das Leben, indem sie es in Schmelz verwandelt.

Wien in Wachs
In Wien hat man die Kunst mit einem Augenzwinkern veredelt. Andreas Gabalier steht im Original-Outfit samt Akkordeon, Dominic Thiem im echten Tennisdress, und Dr. Heinz Fischer trägt seinen eigenen Anzug. Renate Götschl schwebt in der Luft – die schwierigste Figur der Geschichte, so erzählt man. Nur eines hat man dem kaiserlichen Paar erspart: Elisabeth und Franz Joseph stehen nicht Seite an Seite, weil Sisi – wie im echten Leben – ein paar Zentimeter größer war.

Ein Blick, der bleibt
In einer Welt, die sich in Lichtgeschwindigkeit verändert, scheint bei Madame Tussauds die Zeit stillzustehen. Doch dieses Stillstehen ist kein Erstarren. Es ist ein Innehalten – ein Moment, in dem Handwerk, Geschichte und Menschlichkeit aufeinandertreffen.

Von der revolutionären Parisienne bis zur globalen Marke spannt sich ein Bogen aus Bienenwachs, Geduld und Glanz. Und so ist Madame Tussauds nicht nur ein Museum, sondern ein Spiegel der Ewigkeit – eine Bühne, auf der das Leben nie endet, sondern nur für einen Augenblick in Wachs gegossen wird.

Madame Tussauds Wien
Riesenradplatz
1020 Wien

www.madametussauds.com/wien

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